1. |
Menschenkind
08:37
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Versunken – hingegeben bist du deinem
Innenleben. Der Milchstraße deiner
Seelenbilderwelt, ertrinkst berauscht und
taumelnd in deiner Sinneswelt.
Du hingegen liebst das Feste.
Die Zahlen kennen deinen Lebenstraum
und du erstickst im luftleeren Raum.
Sag mir Menschenkind, sag mir, wo bist
du zu Haus? Lebst du auf der Erde,
in deiner Idee? An der Mutterbrust oder
in der Wüste – wo bist du zu Haus?
Wir atmen des Weltraums Winter ein,
ein schauderndes Morgengefühl.
Wir erwachen nicht im Innersten der
Weisheit, doch ein Augenaufschlag kann
die Konstellation deiner Sterne verändern.
Gib dich ihm nicht hin, dem Verdruss,
dass alles faulen, welken und sterben muss.
Wir kommen vom Wege ab und werden
neue Schneisen schlagen. Wir verfallen und
werden neues Leben nähren.
Ohne Ewigkeit keine Endlichkeit.
Wir sind die Ewigkeit,
wir sind die Endlichkeit.
Wir sind ewig. Wir sind endlich ...
Wir atmen des Weltraums Winter ein –
ein schauderndes Morgengefühl.
Wir erwachen nicht im Innersten der
Weisheit, doch ein Augenaufschlag,
ein Augenaufschlag kann die Konstellation
deiner Sterne verändern.
Sag mir Menschenkind, sag mir,
wo bist du zu Haus?
Lebst du auf der Erde, in deiner Idee?
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2. |
In Anderen Spiegeln
04:11
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Der Jahrmarkt der Träume bietet, was
das Herz begehrt. Ein Stand voller Spiegel
zeigt alles verzehrt. Jedes Mädchen
erschrickt hier, wie das Trugbild es verhöhnt.
Der Scharlatan verspricht ihm: Hiermit
wirst du endlich schön. Er hallelujaht Lügen
und greift nach dem, was innen tönt.
In ein paar Jahren oder Dekaden haben
wir all das hier endlich überwunden.
Vielleicht geht der Jahrmarkt dann zu
Grunde – nimm Abschied mein Herz und
gesunde!
Zerschlage die Spiegel, tanze lachend
davon. Der Menschenhai, er treibt dann im
Scherbenhorizont. Hartnäckig treiben dich
Bilderschwärme durchs Dickicht, damit du
ja den Jahrmarkt und das was dort war
auch nie ganz vergisst. Durchs Geäst ihr
Gekrächz als ihr letztes Manifest verdichtet
sich, damit du ihre Welt so ganz niemals
verlässt.
Und wenn dann dort, wo Zelte jahr-
zehntelang Blumen und Halme gedrückt,
Beeren wachsen, Malven und viele
Arten Klee, dann blühen sie wild und
wunderbar und frei.
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3. |
Limes
06:56
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Die See, sie zeigt sich in düstren Tönen. Und
speit uns an, wirkt so fremd
und leer und böse. Durch die Wogen
schimmert Land.
Ich halte dich, hör auf zu weinen.
Mein Kind, habe bitte keine Angst.
Ich hab genug davon für beide.
Ohne Wahl und Privileg:
Es gibt keinen anderen Weg.
Nicht zu hundert, nicht zu zweit
als durch Gischt und Dunkelheit.
Statt Händen reicht man uns die Faust aus
harter Bläue. Sie ist tödlich kalt und grau
wie der Draht auf Abwehrzäunen.
Siehe nach vorne, träume von morgen.
Kannst du es in der Ferne sehen?
Weißt du wie viel Sternlein wehen?
Statt Händen reicht man uns die Faust
aus harter Bläue.
Sie schlägt hart in den Schiffsbauch –
wir sehen noch Himmel voller Rauch.
Wir sehen nach vorne, stehen am Strand
am Morgen. Wollen nicht in die Ferne
sehen wo andere zugrunde gehen.
Quanto costa la nostra prosperità?
Quanto costa la vita di un uomo?
Quanto costa la dignità umana?
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4. |
Bekenntnis
05:34
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Ich glaube an den Frieden, ich glaube an
eine bessere Welt. Dies kann nur erreichen,
wer nicht in Apathie verfällt.
Oft hieß man mich weltfremd, doch ich
kenne keinen Schrecken, den Angst
und Enthaltung jemals niederstreckten.
Ich glaube nicht an Ohnmacht:
Wohin hat sie uns gebracht?
Halte durch mein Freund in diesen
schwarzen Tagen. Bewahre dir deinen
frohen Mut und dein heißes Herz.
Halte durch – es kommen bessere Tage.
Gib nicht auf, denn du bist nicht alleine.
Ich glaube, statt lustlos muss man
hartnäckig sein. So höhlt man Barrikaden
wie steter Tropfen den Stein.
Den Jähen und Lauten – denen mit Schaum
vorm Mund – den scheuern wir emsig
ihre Nerven wund.
Und wahrlich ist’s leichter, wenn du
die Augen schließt. Dann wird dir das Rot
des Blutes, das um dich fl ießt,
durch deine Lider wie die schönste Sonne
sein – wenn du sie fest
genug schließt.
Doch ganz so leicht machst du es dir nicht
und schaust den Grauen weiter ins Gesicht.
Dies Unheil, mein Freund: Du kannst
es sehen – wie Gespensterriesenpferde
am Himmel stehen. Diese Schrecken,
mein Freund, sind nur noch Schemen,
wenn wir uns ihnen entgegen lehnen.
Als Wolkenschwarm: hell, und rastlos
und schwebend – zersprengen ihre
Gräuel, voll grimmiger Freude!
Gerade jetzt müssen wir sprechen.
Öfter widersprechen, wenn es einfach
genug ist. Lass dich nicht verhärten
und lass dich nicht berauben in deinem
Glauben an eine bessere Welt.
Ich glaube an den Frieden.
Ich glaube an eine bessere Welt.
Ich glaube an die Hoffnung, die uns am
Leben hält. Ich glaube an Funken in der
tiefsten Not. Ich glaube an das Leben,
an ein Leben vor dem Tod.
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5. |
Schwarz Und Stern
08:12
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Wenn du vergisst, dass du nicht alleine
bist. Und du willst nur fl iehen, dich dem
Jahrmarkt ganz entziehen – bereit!
Die Welt vorm Sims wird zum Gespinst.
Bist du soweit?
Sei nicht bang, halt durch und solang
werde ich in Nächten auf dich warten.
Ich glaube an uns, Sehnsucht siegt
über Vernunft. Da wird Gram zur Zier,
glaube mir: Ich werde bei dir sein.
Wenn du bereit bist, werde ich da sein.
Folge mir, es ist soweit: Dunkel heißt
Geborgenheit. Steig hinab in schwarze
Minen, über schroffe Serpentinen.
Wo kein böser Morgen scheint:
bläulich abscheulich, hässlich und grässlich.
Zwei Verdammte, die sich fanden –
geschunden, verwundet, entsetzt und
verletzt. Wir sind Schafe vom Hirten
verprellt: hungrig wie Wölfe, voller Hass
auf die Welt.
Liebende wider Willen, Komponisten
vieler Stillen. Uns tröstet Melancholie.
Lauter schwiegen wir nie.
Wir wandern jede Nacht über die weiße
Ebene. Die Füße umweht Sand,
sternenbleich. Über uns Schwärze, soweit
die Seele reicht, und unsere Schritte
werden leicht.
Poem:
Else Lasker-Schüler, 1912:
Giselheer, dem Heiden
Alles ist tot – nur du und ich nicht.
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6. |
Neon Und Asphalt
04:50
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Junisonne bricht sich in Glasfassaden.
Menschenleer die Straßenschlucht.
Mich hat des Nachts der Urkönig getragen.
Morgenluft: Die hab ich so vermisst.
Ich spüre, dass heute etwas anders ist.
Junisonne scheint so hell, als wären
es zwei. Und wenn es tausend wären:
Es wäre mir einerlei.
Ich spürte diese Nacht wie plötzlich
aufgewacht:
Es ist zu spät – alles vergeht.
Ich begriff, tanzte weiter, hielt mein
Glas fest in der Hand und schrie es an:
„Erspar mir den Tag! Will mich drehen,
bis mein Herz versagt! Lass mich
tanzen vor Glück mit offenen Füßen
im Dornengestrüpp!“
Nur noch einmal tanzen ...
ein allerletztes Mal.
Wir räumen diese Erde und niemand wird
uns mehr erwähnen. Unsere Samen und
unsere Tränen. Alten Kummer, Angst
und Not, Galle, Tränen, Harn und Kot.
Knochen, Sehnen, Haut und Mark – alles
nur noch einen Tag. Nun ist es Zeit für
mich zu gehen, vergrabe mich unterm
Dach und warte bis es Abend wird.
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7. |
Abend
07:30
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Es ist Abend geworden. Mit brennenden
Lidern und zugeschnürter Kehle treibt
es einen Einsamen aus der Stadt hinaus.
Die Städter erzählen sich merkwürdige
Geschichten: von gehäuteten Tieren,
ergrauten Chrysanthemen und von Wind,
der Stahl verbiegt. Es heißt, er wehe die
Sterne vom Weltenbaum. Menschen
erzählen, wie ihnen Vögel aus friedlich
kupfernem Abendgewölk in den Schoß
fi elen. Sie singen das Lied der mähenden
Sense. Sie erzählen sich von einem
ungewöhnlichen Stern.
Der Einsame macht sich auf den Weg.
Er wandert, von einem bewaldeten Bahnhof
aus an verlassenen Gehöften und entlaubten
Wäldern vorbei in den Abend hinein.
Als es dämmert, erreicht er ein ehemals
prachtvolles Anwesen. Ohne Gäste.
Ohne Klang. Ohne Morgen.
Das Wetter wechselt ständig und schlagartig.
Ich fröstle und ich schwitze: Umarme mich.
Am Fluss liegt eine Frau, dort sonnt sie sich.
Und summt leise hin zur Sonne:
Umarme mich.
Die Tiere in den Ställen treten um sich.
Ihr Wahn springt auf mich über:
Umarme mich. Ich renne in das Kornfeld,
verstecke mich. Ich weiß nicht wovor,
doch schreie:
Umarme mich.
Nun steigt er hinab.
Das Bangen endet.
Oh du schöner Stern:
Umarme mich!
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8. |
Morgen
01:58
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9. |
Dir
07:07
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Du bist ein Teil von mir, bist du auch
fern von mir. Ich habe dich im Sinn,
wenn ich klein und feige bin.
Wenn ich denk, ich kann nicht mehr,
dann hör ich dich in mir und dafür
danke ich dir.
Du baust mich auf,
du gibst mir Wut.
Du gibst mir Kraft,
du machst mich gut.
Ich höre hin, wie du es würdest –
du tilgst meine Ignoranz. Ich schau nicht
weg, weil du meine Sicht schärfst –
du nimmst mir den Tunnelblick.
Ich gebe nicht auf, weil du mich hebst –
du erinnerst mich an mich.
Ich bin nicht still, ich hör dich im Unrecht.
Ich spüre deine Wut, Leidenschaft und
Glut. Ich mach sie mein, behalt sie bei –
ich muss aus vollen Lungen schreien,
als schrie ich heiser deinen Namen.
Ich halte niemals an, denn du treibst mich
an. So bleibe ich ein Optimist, dank dir –
du bist der Sommer, der stets in mir ist.
Ich will und kann dich nicht vergessen.
Und ich spüre bei Wind und Nässe
etwas wärmend Wunderbares, was ich
nie vergesse.
Herbstschauer, die ersten bösen Fröste –
die duften nach Orangen und
Sommerküste. Und wenn das Eis den
Fluss hinuntertreibt, weiß ich, dass etwas
von dem Vergangenen für immer bleibt.
Ich spüre dich an Seen, in Tälern und auf
Bergeshöhen.
Bist du auch fern von mir:
Du bleibst ein Teil von mir.
Immer Teil von mir
und dafür danke ich dir.
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